Nordland ex Niels Juel

54°28,20o’N   010°04,360’E

Artillerieschulschiff „Niels Juel“ / DK

 

Leichter Kreuzer Niels Juel 1923-1943

Leichter Kreuzer Niels Juel 1923-1943

Dank des Computers hat sich das ehemalige Besatzungsmitglied, Erich Schaal, der trotz seines hohen Alters von 84 Jahren sich immer noch mit der Materie Internet beschäftigt, sich mit uns in Verbindung gesetzt und uns einen Teil seines persönlichen Tagebuchs, das er zu seiner Zeit auf der Nordland anfertigte, zur Verfügung gestellt.
Hierfür möchten wir uns an dieser Stelle bei Herrn Schaal herzlich bedanken.

In den letzten Tagen meldete sich bei uns das ehemalige Besatzungsmitglied Wolfgang Eichstaedt (83) persönlich, welches bei der Überfahrt der Nordland nach Kiel krank im Lazarett der Nordland lag und erzählte uns ein Teil seiner Geschichte.
Wenige Tage vorher meldete sich bei uns auch eines der damaligen Flüchtlingskinder, die auch bei der Überfahrt an Bord der Nordland waren. Herr Lueck berichtete uns wie sich die Flucht damals, in seinen Kinderaugen, abspielte. Bei beiden Herren möchten wir uns an dieser Stelle herzlich bedanken.

Niels Juel auf Grund vor Annebjerg gard

Die Nordland gehört mit zu den größten Wracks, in der Kieler Bucht. Sie hatte eine Länge von 89,95 m (zwischen den Loten 87,00 m) und war knapp 16,30 m breit. Sie verdrängte rund 3400 – 3800 t. je nach Ausrüstungszustand

Es gibt aber ein Problem, 1952/53 wurde sie durch die dänische Bergungsfirma EM. Z. Svitzer / Kopenhagen gekauft und durch die Hamburger Bugsier Reederrei- und Bergungsgesellschaft bzw. durch die Firma Eisen und Metall KG Hamburg zum größten Teil unter  Wasser abgewrackt.

Die „Nordland“ hieß, als sie 03. Juli 1918 für die dänische Marine, in der königlichen Marine Werft / Kopenhagen, vom Stapel gelassen wurde “ Niels Juel“. Sie sollte als Leichter Kreuzer bzw. als Küstenpanzer der dänischen Flotte dienen. Die Arbeiten am Schiff zogen sich über viele Jahre dahin. Der Kiel wurde schon im Jahre 1911 gelegt, abgeliefert an die Flotte wurde es aber erst im Jahre 1923.


Mitglied im dänischen Folketing

(dänisches Parlament)

Westermann_Carl_AS

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Der 49-jährige Kapitän Carl Westermann, späterer Kommandeur, kannte sein Schiff gut. Er war in mehreren Zeitabschnitten Kommandant und 2. Kommandant auf der “ Niels Juel“ und hatte eine mehrjährige Erfahrung als Torpedobootkommandant. Carl Westermann war seit 1933 Mitglied im dän. Folketing und wurde 1943 zum 2. Vorsitzenden des dän. Folketing  gewählt.

Zu  Beginn des 29. August 1943 kam ein klares „Nein“ von der dänischen Regierung zu einer weiteren Zusammenarbeit in Verbindung mit den hohen Forderungen die die  deutsche Besatzungsmacht stellte. Deswegen könnte es fast als symbolisch angesehen werden, dass der Kampf zwischen Niels Juel und dem deutschen Militär auf dänischer Seite von dem 2. Vorsitzenden des Folketing , Carl Westermann geführt wurde.

Im Laufe des August 1943 wuchs die Spannung zwischen der deutschen Besatzungsmacht und der dänischen Bevölkerung auf ein für die deutschen Behörden unerträgliches Maß. Nicht nur in der Bevölkerung war die Spannung und der Gedanke an einen Cup gegen die deutsche Wehrmacht zu merken, auch die vielen Sabotageakte des organisierten Widerstandes trugen zum weiteren Vorgehen der deutschen Behörden bei.

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Aage Helgesen Vedel * 1.September 1894 + 9.Februar 1981

Vizeadmiral A.H. Vedel hatte schon am 30. Mai 1943 Befehle, die das weitere Vorgehen der dänischen Kommandanten im Falle einer feindlichen Übernahme regeln sollten, für die dänischen Schiffe herausgegeben. Am Freitag, den 27. August wurde verstärkte Bereitschaft befohlen. Am Samstag, den 28. August bekam Carl Westermann Informationen über die politische Situation im Land vom Amtmann in Holbaek. Der Kapitän ließ die Besatzung an Deck antreten und informierte sie über die Situation. Es wurde befohlen, das es keinen Landgang für die Mannschaft mehr gab. Der Kapitän teilte später mit, dass die dänische Regierung auf alle deutschen Forderungen nicht eingegangen ist. Gegen Mittag kam eine Depesche von der dänischen Marineführung. Darin wurde mitgeteilt, dass für alles weitere, Befehle direkt von der Regierung kommen sollten.

Operation Safari

In Kopenhagen sanken das Küstenpanzerschiff  „Peder Skram„, die U-Boote „Havhesten“, „Havkalen“, „Havfruen“, „Havmanden“, „Daphne“, „Dryaden“, „Rota“, „Flora“, „Bellona“, der Tender „Henrik Gerner“, die Minensucher „Söbjörnen“, „Söulven“, „Söhunden“, die Patrouillen-(ehem. T-)Boote „Hvalrossen“, „Saelen“, „Nordkaperen“, „Makrelen“, „Narhvalen“ sowie die Minenleger „Kvintus“, „Sixtus“, „Lossen“und „Lindormen“. Das Fischereischutzschiff „Ingolf“ versenkte sich im Großen Belt selbst, ebenso die„Heimdall“ und „Freja“ in Kopenhagen. Im Ulvsund wurde das Patrouillenboot „Havörnen“ gesprengt.

Nordland (10)

Nordland

Aufgrund dieser Unruhen in der dänischen Bevölkerung, der Selbstversenkung der dänischen Flotte, der Versenkung des in der Ausrüstung befindlichen deutschen Minenlegers „Linz“ in Kopenhagen durch die Widerstandsbewegung ( 27.08.1943), und der Unzufriedenheit der Deutschen mit der Unfähigkeit der dänischen Regierung Ruhe im Land zu schaffen, verhängten die deutschen Behörden jetzt den militärischen Ausnahmezustand. Dieser Ausnahmezustand wurde ausgerufen, weil die dän. Regierung die dt. Forderung abgelehnt hat, ihrerseits den Ausnahmezustand zu erklären, sowie Schnellgerichte und die Todesstrafe für Saboteure einzuführen. Als Folge dessen tritt die dänische Regierung zurück und das Militär und die Polizei werden entwaffnet.

Die Deutschen begannen deshalb eine Operation zu planen, die Ruhe im Land schaffen und die Versorgung sichern sollte. Diese Operation bekam den Codenamen „Safari“. Während die deutsche Besatzungsmacht ihren Eingriff plante, hatte die dänische Marineführung schon im Mai des Jahres 1943 Verhaltensregeln für die dänischen Schiffe befohlen. Diese Befehle sollten verhindern, dass ein dänisches Schiff in deutsche Hände fiel. Die deutsche Operation sollte am 29. August, morgens um 2:45 beginnen. In Nyborg, Korsör und Kalundborg werden die Besatzungen dän. Schiffe z. T. mit Waffengewalt überwältigt und u. a. die Minensucher Sölöven, Söridderen, Söhesten und die Patrouillenboote Springeren und Hajen besetzt.picture-0007

Niels Juel, der leichte Kreuzer bzw. Küstenpanzer war das Flaggschiff in der dänischen Flotte und befand sich im August 1943 auf einer Übungsfahrt im Isefjord. Nachdem der Kreutzer unbestätigte Meldungen über die Vernichtung der dänischen Flotte durch die deutsche Besatzungsmacht empfangen hatte, bekam der 49 Jahre alte, dänische Kommandant, Commander s.g. Carl Westermann, um 04:20 Uhr, am 29.8.1943 den Befehl neutrale, schwedische Gewässer aufzusuchen. Das Schiff befand sich zu diesem Zeitpunkt, vor Anker liegend, im Hafen von Holbæk.

Aufgrund der schlechten Wetterlage und den starken nördlichen Winden war es für die „Niels Juel“ sehr schwer den schützenden Ankerplatz im Hafen zu verlassen. Das „Anker auf“ Manöver wurde unterstützt durch den dänischen Marinekutter P 37 , einem kleinen Schlepper und einer schiffseigenen Motorbarkasse. 

Beim Auslaufen aus dem Hafen von Holbæk wurde die „Niels Juel“ schon von einem deutschen Aufklärungsflugzeug gesichtet, das die genaue Position unverzüglich an das zuständige Oberkommando weitermeldete.

Sofort stiegen deutsche Jäger und Bomber auf um das Schiff noch vor den schwedischen Gewässern abzufangen.
Auf der „Niels Juel“ wurde der Kriegsmarschverschlußzustand befohlen und die Besatzung machte sich und das Schiff gefechtsklar. Alle Geschütze und Flakwaffen wurden aufmunitioniert und besetzt, wasserdichte Schotten geschlossen, Lazarette klar gemacht und, und, und. Die Moral an Bord war trotz des nahenden Kampfes gut. Man wollte das Schiff auf keinen Fall in deutsche Hände fallen lassen.
Ihr Frühstück nahm die Besatzung auf Ihren Gefechtstationen ein, während „Niels Juel“ mit Volldampf auf allen Kesseln, und einer daraus resultierenden Geschwindigkeit von 14 – 15 Knoten, nordwärts dampfte.

picture-0009Als „Niels Juel“ Lynæs Sand südlich passierte hatte, konnte man auf der Brücke drei deutsche Schiffe ausmachen. Ein größeres und zwei kleinere Fahrzeuge. Alle waren mit einen Tarnanstrich versehen und ca. 10nm entfernt.
Als „NJ“ Hundestedt passierte, erhielt man vom Hafen, per Blinkspruch, eine Meldung, das sich im nördlichen Teil des Fjords ein von den deutschen ausgelegtes Minenfeld befand.

Der deutsche Angriff begann, als die „Niels Juel“ den Isefjord verlassen wollte.
Die Deutschen beschlossen die „Niels Juel“ zu stoppen, bevor sie die neutralen schwedischen Gewässer erreichen konnte.

Der erste Angriff eines Sturzkampfbombers vom Typ JU 87 D begann um 08:55 Uhr. Das Flugzeug griff das Schiff mit seinen Bomben an, die ca. 30 m von der Bordwand auf Steuerbordseite detonierten.
Die Explosionen waren so heftig, dass kurzzeitig das gesamte Licht an Bord von „NJ“ ausfiel.
Commander Westermann wertete diesen Angriff nur als Demonstration deutscher Stärke. Er ließ sich nicht einschüchtern, änderte aus taktischen Gründen den Kurs, und lief nach Süden ab. Die Ju 87 griff erneut an, aber diesmal nur noch mit ihren Bordkanonen. Die Flakgeschütze der „NJ“ erwiderten das Feuer und landeten einen Treffer  in der rechten Tragfläche des Bombers, der daraufhin abstürzte.

Noch beim Auslaufen aus Holbæk erhielt die Funkbude von „NJ“ den Befehl, das, wenn der erste Schuß von Bord von „NJ“ abgegeben wird, sofort und auf allen Stationen, per Schiffslautsprecheranlage, die dänische Nationalhymne „Kong Christian“ zuhören sein müsse.

Nachdem die JU 87 abgeschossen war, befahl der Kommandant der „NJ“ den Flakwaffen das Feuer einzustellen.

Niels Juel unter Fliegerangriff vor Hundested

Niels Juel unter Fliegerangriff vor Hundested

Zwischen 09:10 und 09:20 Uhr griffen deutsche Flugzeuge zum zweiten Mal an, aber diesmal nur mit Bordwaffen. Das Schiff wurde zwar oft getroffen aber es entstanden keinen größeren Schäden.

Um 09:35 Uhr fand ein weiterer Angriff statt und dessen Bomben explodierten in ca. 10 m Entfernung auf der Backbordseite des Schiffes. Der Schiffsrumpf war leider unterhalb der Wasserlinie völlig ungepanzert. Er wurde 1914 auf Kiel gelegt. Zu dieser Zeit dachte noch niemand daran, das ein solch großes Schiff von Flugzeugen aus angegriffen wird. Das Schiff machte einen großen Satz. Die Explosionen waren so heftig, das „NJ“ schwer beschädigt wurde. Die gesamte Stromversorgung, inklusive der Notstromversorgung brach zusammen. Daraufhin fielen auch die gesamten Feuerleitanlagen und Navigationsanlagen aus. Das Schiff war praktisch wehrlos.
Unbestätigte Meldungen von Land sagten aus, das ein weiters Flugzeug auf Grund des Abwehrfeuers von „NJ“ abgeschossen worden ist.

Während des Luftangriffs gingen die Besatzungsmitglieder der ungepanzerten Flakwaffen in Deckung um vor Bombensplittern und Schrapnells geschützt zu sein.

Niels Juel(1918)-35b-2000

Niels Juel im Gefecht

Fünf Mann der Besatzung wurden durch Bombensplitter und Holzsplitter des eigenen Holzdecks verwundet.
Einer der verwundeten, Artillerie Quartermaster H.E. Andeasen, wurde in den Bauch getroffen. Er starb zwei Tage später.
Die anderen vier Verwundeten waren, Decks Quartermaster V.V Jørgensen, er wurde im Gesicht durch einen Bombensplitter verletzt, und die Artilleriekadetten J. Mortensen, J. Jeppesen und O. Petersen.
Commander s.g. Carl Petersen erkennt die fast ausweglose Lage und stellte fest, daß er die schwedischen Gewässer nicht unbeschadet erreichen konnte. Er tat das einzig ihm noch mögliche.
Er befiehlt um 10:48 Uhr “ FULL AHEAD“.
Mit ca. 15 Knoten, und Kurs auf die Küste bei Anne-Bjerggaard, südlich von Nykøbing/Sjælland, steuert er die „Niels Juel“ auf Grund. Es gab einen mächtigen Aufprall, trotzdem wurde das Unterwasserschiff im Vorschiffsbereich nur leicht beschädigt. Wasser drang in das totgeweihte Schiff. Es wurde die beiden Buganker geworfen. Die deutschen Flieger, die über Niels Juel gekreist waren, flogen jetzt weg, da sie glaubten, das Schiff hätte geankert und die Aufforderung zum Stoppen befolgt.
Die Besatzung brachte die Verletzten ins Lazarett nach Nyköping und begann sofort mit der weiteren Zerstörung des Schiffs. Sprenglandungen wurden an wichtigen Stellen zu Explosion gebracht . Die Munitionskammern wurden geflutet und in den nächsten Stunden wurden alle wichtigen und noch brauchbaren Dinge, wie z.B. Feuerleitanlagen, Geschützverschlüsse, Maschinenteile und viele andere Dinge von Bord ins Wasser geworfen.

Nordland37mmKanone

Nordland37mmKanone

Am nächsten Morgen kamen um 05:20 Uhr zwei deutsche Torpedoboote längsseits und schwer bewaffnete, deutsche Soldaten enterten an Bord und übernahmen sofort das Kommando über das schwer beschädigte Schiff. Die Besatzung wurde entwaffnet jedoch durften die Offiziere, nach kurzen Verhandlungen, Ihre Säbel behalten.

Schon am Tage nach der Grundsetzung beauftragten die Deutschen die dänische Bergungsfirma A/S EM. z. Svitzer die Niels Juel zu untersuchen. Das Bergungsschiff „GRAM“ kam schon am 31.August längsseits und an den nächsten 4 Tagen wurde  das Wrack von Tauchern eingehend untersucht. Sie konnten jedoch schon am ersten Tage einen groben Bericht über den Zustand des Schiffes abliefern. Der Zustand wurde wie folgt beschrieben: An der Backbordseite, neben dem Maschinenraum sind unter dem Panzerdeck ein paar kleine Beulen und Dellen sowie fehlen Nieten und Schrauben an einigen Panzerplatten. Sonst gibt es keine sichtbaren Schäden an den Seiten, Stäben, Schrauben und Rohren sowie Schlingerkielen. Das Schiff steht im Sandboden und ist ca. 2 Fuß in den Sandboden eingesunken. Das Wasser steht vom Bug bis Achtern ca. 4-5 Fuß unter dem Panzerdeck. Die Taucher sagten auch, das rund um das Schiff Teile der Geschützverschlüsse, Munition und allerlei andere Sachen lagen, die die Besatzung außenbords geworfen hatte. Nachdem die Taucher Ihren Bericht an Svitzer geschickt hatten bekamen sie Bescheid zu warten, während die Firma Svitzer versuchte mit den deutschen Behörden einen Bergungskontrakt auszuhandeln. Aus welchem Grund auch immer konnte man sich nicht einigen, und deshalb bargen die Deutschen das Schiff selbst. Die Bergung wurde im Oktober 1943 durchgeführt, Danach wurde Niels Juel direkt nach Kiel geschleppt wo das Schiff notdürftig repariert wurde.

Nordland Geschütz

Nordland 15 cm Geschütz in der „Sperrbatterie Friedrichshafen“ (Bangebro Fortet)

Es wurden große Teile der Bewaffnung ausgetauscht (die rund 18 Tonnen schweren, 15 cm Geschütze, die Ihre  ca. 60 Kg schweren Granaten rund 18 Km weit schießen konnten,  wurden im Atlantikwall, dort genau bei der Küstenverteidigung  in der „Sperrbatterie Friedrichshafen“ (Bangebro Fortet) eingesetzt). Als Ersatz wurden drei,  durch die veränderte Luftherrschaft im U-Bootkrieg, die nicht mehr  auf den Front U-Booten benötigten U-Bootgeschütze vom Kaliber 10,5 cm sowie  vier 3,7 cm und acht 2 cm Flakgeschütze eingebaut. Niels Juel wurde auf den Namen “ Nordland“ umgetauft und  ab September 1944 als Schulschiff und schwimmende Flakbatterie in der Kriegsmarine eingesetzt. Als Stammbesatzung dienten knapp 200 Mann, die rund 400 Kadetten ausbilden sollten.

Die letzten Monate des Krieges lag das Schiff im Hafen von Stolpmünde / Pommern (heute Ustka / PL) . Seefahrten wurden in dieser Zeit keine unternommen. Als man Mitte Februar 1945 endlich ‚gen Westen auslaufen wollte, stellte man fest, daß das Schiff auf Grund aufsaß. Durch den 137 km langen Fluß Stolpe, welcher in der Kaschubischen Schweiz seinen Ursprung hat, wurde viel Sand in den Hafen von Stolpmünde eingeschwemmt. Dadurch, und durch den vielen Verkehr im Hafen, ist dieser  Liegeplatz wohl versandet. Aus diesem Grunde war der Nordland das Auslaufen aus eigener Kraft aus Stolpmünde unmöglich. Erst am Sonntag, den 18.Februar 1945 konnte das Schiff, seine Fahrt nach Kiel antreten, nachdem herbeigerufene Schlepper das Schiff freigeschleppt und in tieferes Wasser gezogen hatten.

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Niels Juel Stapellauf 1918

Da der Flüchtlingsstrom ‚gen Westen nicht abriss und es keine andere Möglichkeit mehr gab, als den Seeweg zur Flucht vor der Roten Armee, war auch die Nordland,  zusätzlich zu den knapp 200 Mann Besatzung, mit  rund 500 Flüchtlingen die in Richtung Westen wollten, beladen.

Auch eine Mutter und Ihre Schwester mit zusammen 7 Kindern waren an Bord. Eines dieser Kinder hat zu uns Kontakt aufgenommen und erzählt: 

Wir müssen am 15. 02. 1945 an Bord gegangen sein, denn meinen Geburtstag am 16. 02. „feierte“ ich auf dem Schiff, das ist sicher. Der 16. fiel auf einen Freitag. Bei uns wird erzählt, dass wir an dem Tag nicht ausgelaufen sind, weil Seeleute den Freitag dafür nicht schätzen. Es gibt wirklich reichlich Aberglauben, aber eigentlich kann ich mir nicht vorstellen, dass so was im Kriege noch berücksichtigt wurde. Am 17. hieß es, feindliche U-Boote wären in der Nähe, also kein Auslaufen. Meine Mutter nutzte die Gelegenheit und radelte zurück nach Wintershagen, wo wir die letzten 2 Monate gelebt hatten, um eine vergessene Strickjacke zu holen. Währenddessen machte die „Nordland“ sich doch klar zum Auslaufen, weil offensichtlich die Gefahr durch U-Boote vorüber war. Glücklicherweise wurde die Freigabe zurückgenommen. Wer weiß, ob wir andernfalls unsere Mutter je wiedergesehen hätten. Wegen einer Strickjacke! Es war wohl ihre Lieblingsjacke, sie hat die Jacke noch viele Jahre getragen.
Am 18. ging es dann wirklich los.
Von Laboe sind wir `49 nach Preetz gezogen. Einmal im Jahr fuhren wir nach Hohwacht, weil es dort so ähnlich war wie in der Heimat. Da saßen die Eltern dann an der Küste und heulten. Erst am Ende der 50′ er hörte das auf.

Zwei Tage dauerte der Marsch Richtung Kiel, alles verlief reibungslos. In Kiel machte das Schiff an einer Pier nahe der Friedrichsorter Marineanlagen, dem Grauen Schloß am Meer, wie diese Anlagen im Marinejargon hießen, fest. Der Dienst an Bord ging dann normal weiter bis zum 03.05.1945, es war einer der schwärzesten Tage der deutschen Kriegs- und Handelsmarine, unzählige Schiffe wurden beschädigt oder versenkt. Viele Menschen verloren an diesem Kriegstag, der einer der letzten war, noch ihr Leben. Am frühen Vormittag, wurde vom deutschen Kommandanten der Nordland der Befehl zum Seeklar machen und zur Selbstversenkung bekannt gegeben, demnach sollten wir nach Eckernförde fahren dort alle Besatzungsmitglieder bis auf wenige Soldaten der Stammbesatzung das Schiff verlassen und mit gepackter Ausrüstung in der Torpedoversuchsanstalt (TVA),in Eckernförde-Süd; antreten. Von dort aus konnte man das letztmalige Auslaufen des Schiffes beobachten. In der Nähe der heutigen Tonne 5a der Torpedoschießbahn, stoppten die Maschinen ein letztes Mal . Der letzte Rest der Besatzung verließ nun das Schiff, es wurden alle Sprengladungen, die im Schiff angebracht worden waren, scharf gemacht und gezündet. Kurze Zeit später erzitterte das Schiff leicht und trat seine letzte Reise zum Grund der Eckernförder Bucht an.

Diese Angaben wurden uns von einem ehemaligen Besatzungsmitglied, dessen Name und Adresse uns bekannt sind, und welches zu dieser Zeit an Bord war , und das alles miterlebt hat bestätigt.

Nach dem Kriege

Das auf dem Grund der Eckernförder Bucht liegende Schiff wurde laut NfS 44/46 im Jahre 1946 durch die englische Besatzungsmacht lokalisiert  und die Wrackstelle durch zwei kleine rote Spierentonnen gekennzeichnet. Im Mai 1947 wurde dann auf der Wrackstelle gemäß NfS 980/47eine grüne Tonne mit einem Trommeltoppzeichen in der Nähe der Wrackmitte ausgelegt. Allerdings wurde die dänische Regierung aus irgendwelchen Gründen nicht informiert sodaß nach dem Ende des Krieges niemand in der dänischen Flotte wußte was mit  Niels Juel seit Oktober 1943 geschehen war. Die dänische Marineführung war daher sehr überrascht, als die Kopenhagener Firma Svitzer sie im März 1951 kontaktierte um näheres zu den Möglicheiten einer Bergung zu erfahren. Svitzer selbst wurde von der deutschen Firma Bugsier-, Reederei und Bergungs-Aktiengesellschaft / Hamburg kontaktiert. Sie hatten Svitzer die Position in der Eckernförder Bucht mitgeteilt und meinten, das eine Bergung unter bestimmten Voraussetzungen möglich wäre. Sie baten Svitzer gleichzeitig Kontakt zur dänischen Marine herzustellen um eine Möglichkeit  zur Bergung zu besprechen. In dem ersten Schreiben von Svitzer an die dänische Marine schrieb die Firma das eine Bergung ab dem 1. Mai 1951 möglich wäre. Dieses sollte sich allerdings als sehr optimistisch herausstellen.Nordland

Bevor eine Bergung jedoch beginnen konnte, mußten erst die Eigentumsrechte an dem Schiff geklärt werden. Es wurden Verhandlungen mit der englischen Besatzungs- macht in Norddeutschland geführt. Diese meinten, da das Schiff gegen die Alliierten eingesetzt worden sei, habe Sie ein Anrecht auf das Schiff und die Dänen meinten das Schiff wurde von den Deutschen sich wiederrechtlich angeeignet. Nach zähen Verhandlungen einigte man sich darauf, daß das Schiff dänisches Eigentum ist. Jetzt konnte die dänische Marine Verhandlungen mit den Interessenten aufnehmen.  Ein gutes Angebot kam auch von der Firma EM.Z.Svitzer / Kopenhagen. Die Firma bot an, das Schiff zu heben und in einem fahrbereiten Zustand an die Dänische Marine zu übergeben. Svitzer erwartete einen Wert des Schiffes von 7 – 800.000 DM, aber dieses Angebot war nicht sehr realistisch, da es abgeben wurde bevor der vollständige Zustand des Schiffes bekannt war.

Die Abwrackarbeiten begannen im März 1952 und wurden von dem Bergungsschiff „Pakistan“  vorgenommen. Taucher der Bergungsfirma fanden das Schiff in einer Tiefe von rund 27 m vor. Niemand war überrascht das Wrack auf der Steuerbordseite liegend mit einer Schlagseite von mehr als 45° vorzufinden. Es war ca. 7-8m in den schlammigen Grund eingesunken so daß eine Bergung des gesamten Wracks in einem Stück aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten eigentlich nicht gerechtfertigt  war. Nach weiteren Untersuchungen der deutschen Firma Bugsier teilte man im April 1951 mit das eine Bergung das Risiko nicht Wert wäre. Stattdessen schlug man ein Abwracken unter Wasser durch Taucher vor. Wenn diese Lösung allerdings gewählt werden sollte, ist der Preis von 100.000 DKr für die Bergungsrechte zu hoch. Man bat die FA. Svitzer den Preis runterzuhandeln.

Zu diesem Zeitpunkt herrschte auch, wie in ganz Europa, in Dänemark Stahlmangel. In Zusammenarbeit mit dem dän. Wirtschaftsministerium wurde beschlossen, das ein Großteil des Stahls an Dänemark geliefert werden sollte um dort eingeschmolzen und weiterverarbeitet zu werden. Der Vertag wurde am 19.März1952 geschlossen. Svitzer bezahlte 30.000DKr für die Bergungsrechte an dem Wrack. Man verpflichtete sich gleichzeitig das Wrack innerhalb von 18 Monaten zu bergen. Weiterhin sollten 1050 Tonnen Stahlschrott die Tonne zu 250 Dkr. an das Stahlwerk in Frederiksvaerk geliefert werden.

Die langen Verhandlungen führten allerdings dazu das die deutsche Firma Bugsier kalte Füße bekam und aus dem Projekt ausstieg. Man befürchtet, das die Bergung durch die steigende Inflation in Deutschland eine verlustreiche Angelegenheit werden könnte. Das Risiko bzw. die Verpflichtungen der Hamburger Firma Bugsier übernahm allerdings die deutsche Firma Eisen und Metall KG / Hamburg. Diese wrackte das Wrack unterwasser ab indem es stückweise auseinander gesprengt wurde und die abgesprengten Teile mit einem Kran gehoben wurden, auf Prähme geladen wurden, an Land in handliche Stücke geschntten wurden und weiterverarbeitet wurden. Die Firma Eisen und Metall KG Hamburg  erfüllte die Maßgaben und verdiente noch ein wenig Geld.

Yarrow Kessel

Yarrow Kessel

Technische Daten:  
Typ: Leichter Kreuzer / Küstenpanzerschiff
Bauwerft:königlicheMarinewerftKopenhagen

Kiellegung: 1914
Stapellauf: 3. Juli 1918
Indienststellung: 23. Mai 1923
Außerdienststellung: 30.August 1943
Deplacement: 3400 Tonnen
Länge: 89,95 m
Breite: 16,30 m
Tiefgang: 5,20 m
Besatzungsstärke: 329 Mann

Antriebsleistung: 5500 PS

8 Öl- und kohlebefeuerte Yarrow Kesselanlagen

vertikale 3-fach- Expansionsdampfmaschine auf zwei Wellen

Die Reichweite betrug ca. 6000 sm bei einer Fahrtstufe von 9 Kn

Bewaffnung unter dänischem Kommando:

10 X 15 cm, 4 X 57mm Flak, 2 x 45 cm Torpedorohrsätze

Bewaffung unter deutschem Kommando:

3 x 10,5 cm S.KC32 U-Bootgeschütze, 2 x 2cm Vierling, 3 x 3,7 cm , 2 x 2cm in Doppellaffette.

Geschwindigkeit: 16 Knoten

Die „Nordland“ heute

Von dem Schiff als solches ist nicht mehr viel zuerkennen. Das Schiff wurde von der Bergungsfirma quasi unterhalb der Wasserlinie aufgeschnitten. Alles was oberhalb dieser Linie lag wurde entfernt, so daß vielleicht nur noch der Kiel und Teile des Rumpfes bis in ca. 3m Höhe existieren. Fast alles ist aus dem Rumpf entfernt worden. Von den Maschinen angefangen bis zum letzten Spind aus den Unterkünften. Vereinzelt liegen noch Poller, Bullaugen, Klüsen und ähnliches am Meeresgrund.JK_20110903_1579

Der Grund, auf dem die „Nordland“ in maximal 28 m Wassertiefe ruht, ist sehr schlammig, daher Vorsicht mit den Flossenschlägen, die Sicht ist sehr schnell verdorben.
Die Wrackteile sind sehr stark bewachsen und in diesem Bewuchs hält sich auch eine Vielfalt von Tieren auf. Man sollte auch auf die kleinsten Details achten, es lohnt sich.
Eine Lampe sollte man schon auf Grund der Tiefe auf jedenfall mitführen um auch einmal in die vielen Löcher schauen zu können.

Zwei Tauchgänge mit Druckluft an einem Tag könnten an diesem Wrack schwierig werden, wenn man die Nullzeit nicht überschreiten will.
Tauchschiffe fahren die „Nordland“ nur selten an, wenn, dann nur wenn sie auf Grund der Wetterbedingungen Schutz unter Land suchen müssen, oder wenn Tauchschulen es wünschen, man kann dort sehr gut Tieftauchgänge schulen.

Sachen gab es…..

Schrottdiebstahl an der Nordland zwischen dem 12. und 20. Dezember 1951

In einem Urteil vom 12. August 1953 hat der Strafsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in einem Revisionsverfahren eine Verurteilung wegen gemeinschaftlichen Diebstahls bestätigt. Das Urteil ist zu finden in Schleswig -Holsteinischen Anzeigen von 1953, S. 295. Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zu Grunde:

§ 242 8tGB

Die Versenkung eines Kriegsschiffes aus militärischen Gründen in einer Tiefe von 28 Metern durch den Kommandanten des Schiffes oder andere Militärpersonen bedeutet nicht gleichzeitig die Aufgabe des Eigentums an diesem Schiff.

Aus den Gründen:

Das Schöffengericht hat den Angeklagten Sch. wegen gemeinschaftlichen Diebstahls verurteilt. Seine Berufung ist verworfen worden.

Das LG hat folgenden Sachverhalt festgestellt:

Die Firma Sch. und Co. besaß die Bergungsgenehmigung für das im ,äußersten Südwesten der Eckernförder Bucht auf Grund liegende Wrack des Schiffes „Herrenwyk“. Darüber hinaus hatte das Wasser- und Schifffahrtsamt diese Firma zum Bergen von herrenlosem Schrott in der Eckernförder Bucht berechtigt, hierbei aber ausdrücklich verboten, Wracks und Kabel anzufassen und Schrott von Wracks zu entnehmen. Die Firma Sch. und Co. bediente sich zur Schrottbergung ihres Fahrzeuges „H-F“. Kapitän dieses Bergungsdampfers war der Angeklagte, seine früheren Mitangeklagten waren Besatzungsmitglieder.

4–5 Seemeilen ost-nordöstlich der „Herrenwyk“ lag noch innerhalb des Hoheitsgebiets in 28 Meter Tiefe das Wrack eines früheren dänischen Küstenpanzerschiffs. Dieses war während des letzten Krieges von der deutschen Kriegsmarine übernommen und bei Kriegsende versenkt worden. Das Wrack war durch eine Wracktonne gekennzeichnet. 1950 hatte die dänische Regierung das Wrack zur Bergung ausgeschrieben. Die Firma Sch. und Co. hatte sich für die Bergung interessiert, jedoch nach einer Rücksprache mit dem Angeklagten wegen zu hoher Kosten davon Abstand genommen. Die Bergungsgenehmigung wurde schließlich einer Hamburger Firma erteilt.

Am Heck des Kriegsschiffes befanden sich, wie in Kreisen der Schrottfischer allgemein bekannt war, zwei große, wertvolle Bronzeschrauben. Noch im April 1951 war das Vorhandensein der Schrauben durch Taucher festgestellt worden. Als die Hamburger Firma Anfang März 1952 mit den Bergungsarbeiten am Wrack begann, wurde das Fehlen der Backbordschraube festgestellt. Diese war von dem Angeklagten und anderen Besatzungsmitgliedern der ,,H-F“ in der Zeit vom 12. bis 20.12.1951 geborgen worden. Da von dem Wrack der „Herrenwyk“ damals nur wenig Schrott geborgen werden konnte, kamen die Besatzungsmitglieder der ..H.F“ überein beim Wrack des Kriegsschiffes festzustellen, ob von dort mehr zu holen sei. Der Taucher D. stellte fest, daß die Backbordschraube fehlte und nur der Wellenstumpf aus dem Schiff hervorstand. In 3 Metern Entfernung, vom Heck des Schiffes, entdeckte er einen Schraubenflügel, der aus dem Schlick hervorragte. Er meldete dies dem Angeklagten, als Schiffsführer, der daraufhin das Heraufholen der Schraube anordnete. Da die Schraube im Ganzen zu groß und zu schwer war, sprengte D. die Schraube am nächsten Tage in 3 Teile. Ein Schraubenflügel wurde am gleichen Tage geborgen, am nächsten Tage weigerte sich D., weiter bei der Bergung der Schraube mitzumachen, weil er inzwischen in einer anderen Schrottdiebstahlsache die Anklageschrift erhalten hatte. Auch andere Besatzungsmitglieder äußerten Bedenken, die aber von dem Angeklagten zerstreut wurden. An Stelle von D. wurde der Taucher B. eingesetzt. Diesem gelang jedoch die Bergung weiterer Schraubenteile nicht. Nach der Erkrankung des B. kam der Taucher K. an Bord. Diesem gelang es, die Nabe und einen weiteren Schraubenflügel zu bergen. Die gesamte Beute wurde nochmals über flachem Grunde zersprengt und dann Zusammen mit anderem Schrott von der ..Herrenwyk“ auf einem Lastwagen der Firma Sohn. und Co. zu der Firma B. nach N. gefahren. Der Angeklagte erklärte anwesenden Beamten der Wasserschutzpolizei und des Zolls, daß die Schraubenteile von einer großen Schiffsschraube stammten, die sie nördlich des Wracks der ..Herrenwyk“ auf dem Meeresgrunde gefunden hätten. Die Firma B. schrieb der Firma Sch. und Co. für die Schiffsschraubenteile einen Betrag von 7094,75 DM gut. Der Angeklagte erhielt hiervon 400 DM als Bergelohn und die übrigen Besatzungsmitglieder außer D. ihren entsprechenden Anteil. Die materielle Rüge der rechtsirrigen Anwendung des § 242 StGB greift nicht durch. Die Bestrafung nach § 242 StGB setzt voraus, daß der Angeklagte eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht weggenommen hat, sich dieselbe rechtswidrig anzueignen.

Zu Unrecht macht die Revision geltend, daß es sich beim Wrack des Kriegsschiffes und bei der Schiffsschraube um eine herrenlose Sache und damit nicht um eine fremde Sache gehandelt habe. Der Begriff der Fremdheit erfordert, daß die Schraube im Eigentum eines andern als des Täters gestanden hat. Die Schraube, die sich in unmittelbarer Nähe des Wracks befand, wurde von dem Taucher und dem Angeklagten sogleich als zum Wrack gehörig erkannt. Sie gehört nach der Lebensauffassung zum Wrack und teilt das Schicksal des Wracks. Die Loslösung der Schraube vom Wrack änderte nichts an den Eigentumsverhältnissen. Als Eigentümer des Wracks könnten in Frage kommen: der dänische Staat, das Deutsche Reich, die Bundesrepublik als Rechtsnachfolger des Deutschen Reiches, die Besatzungsmacht und schließlich die zur Bergung ermächtigte Hamburger Firma.

Die Strafkammer hat festgestellt, daß das Panzerschiff der dänischen Kriegsmarine angehörte

und während des Krieges von der deutschen Kriegsmarine übernommen worden ist. In welcher Art und Weise diese Übernahme erfolgt ist, auf Grunde des Kriegsrechts oder gegen Entschädigung, ist nicht festgestellt. Sollte das Kriegsschiff dem dänischen Staat abhanden gekommen sein ist dessen Eigentum nie untergegangen. Dänemark hat auch das Schiff! unbeanstandet zur Bergung ausgeschrieben und damit Eigentumsübergang geltend gemacht Sollte dagegen ein rechtswirksamer Eigentumsübergang auf das Deutsche Reich erfolgt sein, so erhebt sich die Frage, ob das Schiff durch die Versenkung in den letzten Kriegstagen herrenlos geworden ist. Der Begriff der Herrenlosigkeit bestimmt sich nach bürgerlichem Recht. Nach § 959 BGB wird eine bewegliche Sache herrenlos, wenn der Eigentümer den Besitz in der Absicht aufgegeben hat, auf das Eigentum zu verzichten. Die Eigentumsaufgabe ist danach ein Rechtsgeschäft, das die Verfügungsberechtigung des Handelnden voraussetzt.

Die Versenkung der Kriegsschiffe am Ende des Krieges wurde aus rein militärischen Gründen vorgenommen, um sie dem Zugriff der Kriegsgegner zu entziehen. Die Strafkammer hat mit Recht hervorgehoben, daß die Versenkung in einer Wassertiefe erfolgte, in der die Wiedererlangung des erheblichen Sachwertes möglich war. Auf wessen Befehl die Versenkung erfolgt ist, ist nicht festgestellt worden. Da es sich aber nur, um militärische Stellen gehandelt haben kann, scheidet die Möglichkeit daß eine zur Verfügung über Staatseigentum befugte Stelle das Eigentum in Verzichtsabsichten aufgegeben hat, aus. Dies hat der, Senat bereits im Urteil vom 27.8. 1952 (Se 310/52) bezüglich der bei Kriegsende versenkten Unterseeboote ausgesprochen, weil die U-Boot-Kommandanten zu einer solchen rechtsgeschäftlichen Eigentumsaufgabeerklärung nicht befugt gewesen sind. Es steht somit fest, daß das Wrack nicht herrenlos war, ohne daß es einer Feststellung bedarf, wer Eigentümer des Wracks ist. Weitere Voraussetzung für die Verurteilung wegen Diebstahls ist, daß der Angeklagte die Schiffsschraube einem anderem weggenommen, also fremden Gewahrsam gebrochen hat. Die Lage des Wracks war bekannt. Das Wrack war durch eine Tonne gekennzeichnet. Der Zugang zum Wrack stand ausschließlich dem Berechtigten zu, sei es nun der dänische Staat oder die vom Wasser. und Schifffahrtsamt zum Bergen ermächtigte Firma. An dem Wrack bestand in gleicher Weise Gewahrsam, wie an dem von dem Bauern auf dem Acker zurückgelassenen Pflug oder dem auf freier Straße abgestellten Fahrrad. Dadurch, daß die Schraube bereits von dritter Hand abgesprengt und zum Teil im Schlick versunken war, war der Gewahrsam nicht beseitigt worden. Gerade das Auffinden der wertvollen Schraube durch den Taucher der H.F. zeigt, das für den Gewahrsamsinhaber des Wracks auch die abgesprengte Schraube erreichbar war.

Schleswig-holsteinischer Strafsenat – Urteil vom 12.08.1953 Ss 239/ 53 –

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Die letzten Seekadetten

der Kriegsmarine auf der Nordland und ihre letzte Fahrt

Ein Bericht von Werner Fuchs, ein ehemaliger Seekadett auf der „Nordland“

Aus den Erinnerungen berichtet ein ehemaliger Seekadett über seine Kadettenzeit auf der Nordland und deren Selbstversenkung bei Kriegsende. Auf der „Nordland“ ex „Niels Juel“ wurden im Laufe von 22 aktiven Dienstjahren zahlreiche Seeoffiziere ausgebildet, die teilweise noch lange nach dem Kriege als Kapitäne Dienst taten, dänische und deutsche Schiffsführer, insbesondere bei den Handelsflotten.

Endlich war es soweit. Wir hockten oder lagen auf dem strohbedeckten Boden eines Güterwaggons der Deutschen Reichsbahn und wurden trotz nur mäßiger Geschwindigkeit rüttelnd und wegen des großen Spiels der Räder zwischen den Schienen oftmals beängstigend schaukelnd ostwärts gefahren. Endlos schien die Fahrt zu gehen. Doch jeder Stoß, den es beim Überfahren des einen Schienenendes zur nächsten Schiene gab, nahtlose Eisenbahnschienen waren zur damaligen Zeit noch kein Standart, diese, je nach Witterung bis zu einem Zentimeter klaffende Lücke, war für uns achtzehnjährige wie ein Zeitmesser auf dem Weg zum sehnlichst herbeigewünschten Bordkommando. Es war schon recht kühl im Waggon, die an beiden Seiten befindlichen großen Schiebetüren hielten wir geschlossen, nur ein armseliges Oberlicht aus einer Luke an der oberen Waggonwand, direkt unter dem Dach, spendete etwas Helligkeit in das Wageninnere, in dessen Mitte ein blecherner Kanonenofen stand, durch ein Kohlefeuer Wärme verbreitend.
Ein Teil der letzten Besatzung der Nordland ex Niels Juel

Unterwegs, wenn der Zug durch einen Bahnhof ratterte, was sich stets durch das hoppeln über Weichen unmißverständlich ankündigte, öffneten wir einen Spalt die Schiebetür und blinzelten in den Tag hinaus, um festzustellen, durch welche Station der Zug rollte: Greifswald, Anklam; Pasewalk, Stettin, Stargard, Regenwalde hießen die Städte Pommerns, die wir durchfuhren.
Hielt dann der Zug irgendwo an, so rannten dann einige von uns vor zur Lokomotive um von deren Tender einige Kohlen für unser Kohleöfchen zu holen.
„Räder müssen rollen für den Sieg“ stand in großen weißen Buchstaben an der Seitenwand des Kohlentenders hinter der 44- iger, einer riesigen Dampflok der Baureihe 44.
Auf dem Stettiner Verschiebebahnhof wurden unsere paar Waggons abgekoppelt und zu einem andern Militärzug rangiert. Dabei prallte unser Waggon so heftig auf das andere Zugende, daß unsere, an der Waggonwand hängenden, Ausrüstungsteile auf uns herunterfielen, der Ofen umstürzte und wir meinten, die Wagenwand breche herein. Wir lachten. Was war das schon im Vergleich zu dem was wir hinter uns hatten! Hier auf dieser Fahrt fühlten wir uns frei, waren guten Mutes und sangen zur Klampfenbegleitung unser gesamtes Repertoire an Soldaten- und Matrosenliedern. Witze wurden laufend gerissen und Justus Bartlewski, mein Stuttgarter Landsmann wurde zum Star im dämmerigen Güterwagen als er mit angezündeten Streichhölzern entflammbare Fürze vorführte. Er bekam von unserem stets knappen Kommißbrot scheibenweise Extrarationen, um immer genügend Treibstoff zu haben. Dieser Truppentransport war während unserer bisher viermonatigen Dienstzeit zum ersten Mal so richtiges zünftiges Soldatenleben, wie wir es uns vorgestellt hatten und wie es zwischendrinnen einfach dazugehörte. Mit jedem neuen Rattern über einen Schienenstoß ließen wir Stralsund mit seinem Dänholm zurück, jene erste Station im Leben eines jeden Seeoffiziersanwärter der damaligen Kriegsmarine, und fuhren einem ungewissen Schicksal, doch der Laufbahn wegen vorbestimmten Zeit entgegen.

Soldbuch

Soldbuch

„Nordland“ hieß das Ziel – ein Schiffsname, mit welchem wir nichts anzufangen wußten. Niemand hatte je etwas davon gehört oder gelesen. Irgendwo an Ostpommerns Küste soll das Schiff auf uns warten, auf uns Offiziersanwärter der Crew VII/44, die wir in einem Dutzend Güterwaggons ostwärts rollten. Endlich konnten wir den Dänholm Schliff hinter uns lassen.

Vier Monate Grundausbildung mit all seinen für den Dänholm typischen Variationen war für uns Kriegsfreiwillige viel zu lang. Wir glaubten alle zu spät in den Krieg und zum Sieg zu kommen, der mittels einer der Geheimwaffen über Nacht beendet werde könnte, wie es im Volk und bei uns Rekruten herumgeisterte. Vom Dänholm hatten wir die Schnauze richtig voll, obwohl wir sportlich groß in Form waren, doch dauernd exerzieren- wir mußten noch den Parademarsch und das Gewehr präsentieren lernen und üben – Unterricht, Schießausbildung, Seemannschaft, Gefechtsausbildung im Gelände, Ausmärsche mit und ohne aufgesetzten Gasmasken, des nachts Alarmübungen oder „Maskenbälle“, all das hing uns mit der Zeit richtig zum Halse heraus, genauso wie das verfluchte Kutterpullen, jeden Montag und den ganzen Morgen lang und immer entgegen der Strömung. Es gab zwar eine kleine Sensation und für uns eine kurze Unterbrechung als mein Stubenkamerad Jürgen Schmelzer vor lauter Wut im Bauch der einmalige Cup gelang, an einem Montag drei Riemen nacheinander beim vorschriftsmäßigen Pullen unter dem Kommando eines Obermaats abzubrechen.
Wir wollten so schnell wie möglich auf ein Schiff und zur See fahren, wir wollten etwas sehen und erleben. Die Güterzugfahrt durch Mecklenburg und Pommern war schon ein erster Auftakt hierfür.

Am 2. Juli 1944 hatten wir vormilitärisch ausgebildete Gymnasiasten in einem gebrauchten Marinepappkarton unsere zivilen Klamotten nach Hause geschickt und hatten, außer den Fliegerangriffen Zuhause und dem schweren Luftangriffen am 6. Oktober 1944 auf Stralsund, als unsere Kompanie noch während der anfliegenden Wellen der Amerikaner zur Hilfeleistung über den Rügendamm in den Hafen eilte, vom Krieg noch kaum etwas gesehen und noch weniger von der Kriegsmarine, von deren Uniformträgern einmal abgesehen.

Das Soldbuch eines Besatzungsmitgliedes

Das Soldbuch eines Besatzungsmitgliedes

Das Meer ließ uns Süßwassermatrosen bei Stralsund nur ein Zifpelchen Ostsee sehen- von Kriegsschiffen keine Spur.
Im vierten Monat unsere Zugehörigkeit zur I./1. SSTA war die Gerüchteküche auf dem Dänholm langsam zum Kochen gekommen, die Zeit zur Abkommandierung zu einem Bordkommando war gekommen. Namen wie „Horst Wessels“ „Gorch Fock“ „Hansa“ und „Nordland“ fielen. Hoffentlich kein Dickschiff, auf welchem wie es in einer Kaserne zugehe oder gar ein Segelschiff das zwar hohe Masten aber keine Kanonen habe und deshalb auch kein Kriegsschiff sei, das ständig im Hafen oder auf der Reede liege und auf welchem der gleiche Schlauch wie auf dem Dänholm gepflogen werde, nur das es anstelle der Sanddünen die Wanten hochgehe. U-Boote das sei das Richtige für uns, die fahren noch richtige Einsätze auf See. So wurde palavert und gehofft, bis dann in den letzten Oktobertagen die feldgraue Uniform samt Drillich, Gamaschen und Schnürstiefel abgegeben werden mußten und wir, jetzt nur noch in „blau“ uns erst als richtige Matrosen fühlten.
So lagen und hockten wir in den Güterwaggons, die gen Stolpmünde, dem kleinen Fischerort und unbekannten Ostseebad an der Mündung des gleichnamigen Flüßchens zurollten. “ Nordland“ hieß unser Ziel.

Das Borkommando

Endlich hatte die zweitägige Güterbahnfahrt ein Ende. Etwas steif, doch erwartungsfroh kletterten wir von den kleinen Kaianlagen Stolpmündes aus den Güterwaggon.
Und da lag sie nun, keine zweihundert Meter weit weg: die „Nordland“. Schwarzer Rauch quoll aus dem Schornstein in den frischen Morgenhimmel. Die machen ja „Seeklar“ wußte schon einer zuberichten, als wir unsere Seesäcke buckelten und in loser Marschkolonne über die Hafengleise und die über die Stolpe führende Brücke an die Westpier zur „Nordland“ marschierten.
Es war der 1. November 1944 und es war schon sehr kalt, als wir, hinter unseren Seesäcken angetreten, an der Kaiserstraße standen und ein Dienstgrad aus unserer Begleitung Meldung an den von der „Nordland gekommenen ersten Offizier machte.
Das war also unser Schiff, unser Zuhause für eine unbestimmte Zukunft.
Die „Nordland“ lag gut vertäut am Ende des Kais in unmittelbarer Nähe der Stolpebrücke. Die „Aalborghus“, ein Däne, liegt noch mit im Hafen, sonst nur Fischerboote, ein Flußbagger und ein außer Dienst gestelltes U-Boot.

Es gab eine kurze Begrüßung durch den ersten Offizier, dann folgte die Einteilung.
Ich sollte mit meinen Kammeraden, die ich schon aus den Wehrertüchtigungslager in Prien am Chiemsee kannte, mit denen ich bei dem RAD und auch auf dem Dänholm beisammen war, jetzt an Bord der „Nordland“ zur 1. Division gehören.

Es ging in Gedränge an Bord und dort unter die Back, wo unsere Division unterzubringen war. Backskisten wurden gepackt und der Seesack entleerte sich nur langsam und nach mehreren Versuchen, bis alles untergebracht war, war alles in einem schmalen Spind verstaut.
Zweite wichtigste Handlung des Tages war der Empfang der Bettwäsche und die daran sich anschließende Unterweisung über den Gebrauch der Hängematte, die wir schließlich fachgerecht mit dem in Bettzeug eingezogenen Decken bestückten und zurrten.

Soldbuch

Soldbuch

Auf was für einen Dampfer waren gelandet. Natürlich auf einem Dickschiff, noch dazu ein Kadettenschulschiff. Trotz des neuen und ungewissen entsprach unsere Abkommandierung nicht ganz unseren Vorstellungen, doch wir trugen es mit Humor und Gelassenheit. Wird schon noch werden dachte so mancher von uns. Bei der ersten Gelegenheit die sich bot, ging es auf Entdeckungsreise.

Nun die „Nordland“ hieß vormals „Niels Juel“ und war ein ehemaliges dänisches Kriegsschiff. Am 3. Juli 1918 lief das von der Marinewerft in Kopenhagen erbaute Schiff vom Stapel und wurde 23. Mai 1923 in Dienst gestellt. Das Schiff hatte eine Wasserverdrängung von 3800tdw, ist 87 m lang, 16,30m breit und hat einen Tiefgang von 4,79m. 1936 wurde das Schiff umgebaut. Als Antrieb dienten zwei Dreifach Expansionsdampfmaschinen mit fast 3000 PS, mit jeweils zwei Dampfkesseln mit Kohlefeuerung und zwei mit Ölfeuerung. Es lief eine Marschfahrt von 10 kn. und hatte dabei einen Aktionsradius von 5800 sm. Die Dänen fuhren mit einer Besatzung von 329 Mann, wir waren dagegen 400 Seekadetten und zweihundert Mann Stammbesatzung, dementsprechend ging es bei uns ziemlich eng zu.

Bewaffnet war das Schiff bei den Dänen mit zehn 15 cm Kanonen, drei 5,7cm Kanonen und zwei 45 cm Torpedoausstoßrohre. Das Schiff fuhr für Dänemark als Flaggschiff, als königliche Yacht, als Seeoffizier Schulschiff und zuletzt als Panzerschiff. Am 29. August 1943 wurde das unter dem dänischen Kommandanten Westermann und mit dänischer Besatzung fahrende Schiff im Isefjord bei Nyköbing von der eigenen Besatzung auf Grund gesetzt und teilweise zerstört. Monate später wurde die „Niels Juel“ von der deutschen Kriegsmarine wieder gehoben und instandgesetzt. Alle 15 cm Kanonen wurde ausgebaut, zur Küstenverteidigung Dänemarks eingesetzt und durch 3 10, 5 cm Geschütze ersetzt. Zusätzlich wurden noch zwei 3,7 cm Flakgeschütze auf einer Einzellafette und leichte 2 cm Flakgeschütze, davon 3 als Zwillingsflakgeschütze und eines als Vierlingsgeschütz eingebaut. Im September 1944 wurde die „Niels Juel“ in „Nordland“ umbenannt und durch setzen von Flagge und Wimpel wieder in Dienst gestellt.

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Das war also unser Schiff – wir, die ersten Offiziersanwärter an Bord. Aus der Zeit der Versenkung war nichts mehr zu sehen und wir fummelten beim täglichen „Rein Schiff“ so gründlich, das fast alles wie neu aussah, selbstverständlich auch jeden Tag mit dem „Gebetbuch“ , wie seit alther der Bimsstein genannt wurde, die Holzplanken des Oberdecks, hinter der Back bis zur Schanz.
Rasch gewöhnten wir uns an den so gefürchteten Kasernenbetrieb an Bord unseres Dickschiffs. Kurz vor sechs Uhr wurden wir jeden Morgen mit “ Reise, reise aufstehen … “ geweckt, des Sonntags mit dem vollständigen Text des alten Seemanns Songs. Es folgte die Hängemattenmusterung an Oberdeck, nur mit Sporthose bekleidet und wehe einer hatte seine Hängematte nicht richtig gezurrt und er verzögerte dadurch den Ablauf der Musterung, während das Wasser in den neben uns stehenden emaillierten Blechschüsseln zu frieren begann – in der darauffolgenden Nacht war dem Schlamper der „Heilige Geist“ sicher, nachdem die Hängematte mit dem Delinquenten geslippt worden war.Die Backschafter beeilten sich mit dem Aufbacken des Frühstücks, das aus Kaffee – Ersatz, zwei Scheiben Kommißbrot und Jam bestand, einer Marmelade, die ausschaute wie ein Konsistenzfett und manchmal fast auch so schmeckte. Gemeinsam mußte die jeweilige Tischgemeinschaft dann Kartoffeln schälen, die in einem extra gekennzeichneten Netz in die Kombüse getragen wurden und samt Netz in den Kessel zum kochen gelegt wurden, nur so war sichergestellt das man seine selbst geschälten Kartoffeln auch wiederbekam.
Von 07:00 Uhr an war eine Stunde lang „Rein Schiff“ angesetzt und um 08:00 Uhr begann mit einer weiteren Musterung der allgemeine Dienstbetrieb. Der Dienst, der unserer Aus-, Fort- und Weiterbildung entsprechend zugeschnitten war und nur zur Mittagszeit unterbrochen wurde, war vielseitig und gründlich. Seemannschaft, Geschützausbildung, Unterricht in verschiedenen Fächern, etwas Sport.
Für eine Landratte, wie ich es war, auf einmal irrsinnig viel neues an Begriffen und Worten. Nun, auf den „Kompaßschlüssel“ den zwei Kameraden aus dem Maschinenraum auf die Brücke schleppten, bin ich trotzdem nicht hereingefallen.Das also war unser Kadettenschulschiff, auf welchem wir unsere Kadettenzeit zu absolvieren hatten. Dickschiff – Kasernenbetrieb – die Worte klangen in unseren Ohren nach, doch wir hatten uns damit abgefunden. Wir fügten uns nicht nur ergeben in unser Schicksal, sondern wir bemühten uns fortwährend schneidige Offiziersanwärter zusein, ja, wir mußten dies zwangsläufig, um „weiterzukommen“, denn es gab ja für jeden Führungszeugnisse. Doch neben dem strengen Dienst gab es auch Geselligkeit in der uns verbindenden Kameradschaft mit den Crewkameraden. Landgang war nicht groß möglich, jeder hatte in seiner knapp bemessenen Freizeit genug Dinge zu tun : lernen, schreiben, Wäsche waschen und in Ordnung halten, schlafen, Wache schieben; zudem gab es in diesem gottverlassenen Kaff kaum etwas lohnendes zu besuchen oder zu sehen und Kneipen waren für uns Offiziersanwärter tabu. So war ein Rundgang im Hafen oftmals die einzige Abwechslung, er war in einer knappen Stunde über beide Uferstraßen bis hinaus zur Mole bald wieder beendet.

Verbote und Ihre Folgen

Ein solcher Rundgang sollte beinahe verhängnisvoll für mich werden und ich sah mich schon meine kaum begonnen Seeoffizierslaufbahn vorzeitig zu Ende gehen. Was bereitete mir eine schlaflose Nacht in meiner Hängematte? Ich war damals wohl der einzige junge Matrose, der eine Kamera mit an Bord hatte. Doch fotografieren war bei der Wehrmacht und also auch bei der Kriegsmarine strengstens verboten. Nun, damals hatte auch nicht jeder einen Fotoapparat. Ich wollte von „meinem“ Schiff wenigstens ein Foto haben, doch Fotos von der „Nordland“ gab es keine, wenigstens für uns „Gewöhnliche“ nicht. Also steckte ich die schmale Kamera in meine Hosentasche, wo ich sie gerade noch verstauen konnte, zog den Colani über und meldete mich an einem Sonntagnachmittag ordnungsgemäß zum Landgang von Bord. Ich wurde gemustert und kam mit dem Fotoapparat in der Tasche anstandslos von Bord, schlenderte gemächlich über die Stolpebrücke zum gegenüberliegenden Kai. Dort machte ich einen Schritt seitwärts und Deckung suchend hinter den Fuß eines Hafenportalkranes, zückte ich meine Kamera, machte wieder einen Schritt vorwärts und „schoß“ die „NORDLAND“. In Sekundenschnelle war ich wieder hinter dem Kran, packte den Fotoapparat weg und schlenderte weiter, als ob nichts gewesen wäre. Draußen an der Hafenmole machte ich kehrt, spazierte zum Schiff zurück und meldete mich nach einer Stunde vom Landgang zurück wieder an Bord. Der Wachhabende stellte mich sofort mit der Frage: „Haben Sie fotografiert?“. Ich wurde kreidebleich – wußte doch niemand, daß ich eine Kamera besaß. Ich gab sofort mein verbotswidriges Verhalten zu. „Morgen um neun melden Sie sich beim Kommandanten zum Rapport! Wegtreten.“ Ich schlug die Hacken zusammen und begab mich unter Deck. Ein Verbot missachtet! Fotografieren ist spionageverdächtig, hatte der Wachoffizier gesagt. Aus der Traum vom Seeoffizier, dachte ich bei mir. Da werde ich wohl den Seesack packen und vom Schulschiff Leine ziehen müssen. In der Nacht hatte ich vor Angst kaum geschlafen.

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Berichtsheft

Pünktlich um neun Uhr stand ich, Koppel mit „Kavallerietrageriemen“, wie wir das zum Hosenträger zu tragende Lederzeug zum Koppel nannten, umgeschnallt, den Stahlhelm auf, in Seestiefeln mit zwei halben Schlägen in der Hose vor der Kommandantenkammer achtern, wo mich mein Divisionär zum Alten führte. Doch der war gütig und hatte Verständnis für mich, nachdem ich zunächst in strengem Ton auf meine verbotene Handlung hingewiesen worden war. Als ich des Kommandanten Frage nach dem Entwickeln des Films positiv beantworten konnte, war der Bann gebrochen. Ich bekam den Auftrag, den Film zu entwickeln und Abzüge herzustellen und künftig weiter Aufnahmen vom Schiff und der Besatzung zu machen. Als meinen Arbeitsraum wies er mir die Schiffsarrestzelle zu, einen Assistenten durfte ich mir selbst auswählen. Das war also noch einmal gutgegangen – und gut war es auch, dass ich bei meinem Vater das Platten entwickeln und Vergrößern, das er als Amateur selbst zu tun pflegte, erlernt habe. So hatte ich eine Zeitlang, während der „Reinschiff“ Station, denn nur dann konnte ich mich mit meinem Kommandantenauftrag verziehen, einen tollen Job. „Zutritt verboten“ mit dieser Aufschrift hingen wir ein Schild an die Arresttüre, während wir in der Zelle, welche aus zwei Räumen bestand, taten was wir gerade wollten, Schach spielen, Briefe schreiben oder auch Filme entwickeln oder vergrößern. Es brachte mir sogar eine Dienstreise zur benachbarten Kreisstadt „Stolp“ ein, um Entwicklungsmaterial zu besorgen.An Weihnachten durften wir zwei Tannenbäume – es waren mehr Kiefern oder Föhren – vom nahegelegenen Wald holen. Als Sachkundiger und vom Lande kommend war ich beim „Tannenbaum“ Kommando“. Weihnachten auf der „NORDLAND“, geruhsam im Hafen. Nun waren wir schon acht Wochen auf dem Dampfer und hatten noch keinen Knoten Fahrt gemacht! Wir begannen zu resignieren, doch unter uns befindliche, länger in der Mannschaft dienende Offiziersanwärter mit Fronterfahrung trösteten uns mit den Vorteilen des kriegseinsatzlosen Alltags auf unserem Schiff.
Nur die Raucher unter uns meckerten, denn während der Hafentage gab es keine Zulagen. Zum 1. Januar 1945 wurde der erste Teil von uns zu Seekadetten ernannt, zu 1. Februar 1945 ein weiterer Teil, darunter auch ich. Voller Stolz nähten wir uns die Abzeichen an unsere Ärmel und setzten den Dienstgrad zum Namen und zur Feldpostnummer auf unsere Briefe. Mit dem Untergang des einstigen KDF – Schiff „Wilhelm Gustloff“ am 30.Januar 1945, nicht weit von unserem Stützpunkt entfernt, kam erstmals ein spürbarer Hauch des Krieges über die Besatzung unseres Schiffes.
Einige Mann von uns wurden abkommandiert um bei der Bergung der Schiffbrüchigen und ertrunkenen zu helfen. Als sie nach zwei Tagen zurückkehrten, hatten sie mitgeholfen einen Teil der über 7000 Ertrunkenen nach Gotenhafen zu bringen.

Kadettenzeit 3
Meine VorgesetztenKommandantKaplt.z.S.Ruggenkamp
Kadettenoffizier Kaplt.z.S. Geissler
Leitender Ing. ObLt.z.S. Demstedt
Schiffsarzt StA Dr. Reiner

Divisionsoffizier 1.Div.Kaplt.z.S.Beck
Divisionsoffizier 2.Div.ObLt.z.S.Wedemeyer
Divisionsoffizier 3.Div.ObLt.z.S.Wagner
Divisionsoffizier 4.Div.ObLt.z.S.Lüneburg
Divisionsoffizier 5.Div.ObLt.z.S.Demstedt

Divisionleutnant 1.Div. Lt.z.S.Schneekluth
Divisionleutnant 2.Div.Lt.z.S.Reif
Divisionleutnant 3.Div. Lt.z.S.Anders
Zugführer Bootsmann Kleine Döpke
Gruppenführer Oberbootsmannsmaat Tietze

Eines Tages war Kohle bunkern angesagt. Das machte unser Schiff an Oberdeck nicht nur schmutzig – schwarz- wir selbst mußten von der Kohleschute die Säcke an den über Taljen gefierten Fallen hochziehen – die Dreckarbeit gab dem Gerücht „Auslaufen“ neue Nahrung. Die täglichen Wehrmachtsberichte ließen uns wissen, daß sich die russische Front auch unserem Stützpunkt näherte. Aus den reihen der Seekadetten erfolgten Abkommandierungen zum Heer.

Dampf auf – Seeklar für die erste Fahrt

Und dann schlug auch für uns und die NORDLAND in Stolpmünde die Abschiedsstunde. Es wurde Dampf aufgemacht und „Seeklar“ befohlen. Na, endlich ging es auf See. Doch dann stellte man fest, dass die NORDLAND auf ihrem Kiel aufsaß. Jeder entbehrliche Mann mußte an Oberdeck und dann auf das Kommando – Alle Mann an Steuerbord – Alle Mann an Backbord – hin und herlaufen.
Doch das Schiff bewegte sich nicht vom Fleck. Hochseeschlepper mußten zur Hilfe herbei. Doch bis welche kamen bauten wir unsere 2 cm Flakkanonen aus und bezogen damit ohne Lafetten und Sockel auf der benachbarten Höhe Stellung im Schnee, die Rohre ostwärts gerichtet. Sollte daß das Ende sein? Sollten wir die NORDLAND auf diese primitive Weise verteidigen müssen? Ist das der Krieg in dem wir Siegen helfen wollten? Gott sei Dank erschienen frühzeitig genug zwei Hochseeschlepper der Marine auf der Kimm und steuerten auf unseren kleinen Hafen zu. Die Schlepper nahmen uns auf den Haken und mit vereinter Kraft kamen wir endlich frei. Es war der 18.Februar 1945 als die Schlepper die Leinen loswarfen und die NORDLAND mit eigener Kraft gen Westen dampfte. Endlich begann unsere Wunschtraum Gestalt anzunehmen – wir stachen auf einem Kriegsschiff in See -. Backbord – und Steuerbordwache waren eingeteilt, das Schiff war Gefechtsbereit, sie Seereling war niedergelegt, damit die Kanonen freies Schussfeld hatten. Die in den Davits hängenden Kutter wurden als Rettungsboote außenbords geschwenkt. Ausguck und Waffen waren besetzt, die Besatzung trug Schwimmwesten. Die Westen waren ausschließlich mit Kapok gefüllt.

Kadettenzeit 4Wir Kadetten hatten nach dem „Brand und Sicherheitsplan“ unsere gezurrten Hängematten als Rettungsgerät.
Irgendwo lag die meine, mit der Nummer 252 gekennzeichnet, zwischen fünfzig anderen in einem Schapp, zwei Decks unter dem Oberdeck.
So also sah die Seefahrt bei der Kriegsmarine aus.

Nun, Sorgen machte ich mir wegen der Hängematte als Schwimmwestenersatz keine, mir war viel unangenehmer, dass meine Gefechtsstation unterhalb der Wasserlinie war. Als „Munitionsschucker“ war ich in der vorderen Munitionslast zum heranschleppen der 10,5 cm Granaten und deren Einhängen in die Munitionsaufzugswinsch eingeteilt. Während alte und erfahrene Seemänner mich um meinen Posten beneideten, – denn auf den in der Last liegenden Hanfmatten ließ es sich gut schlafen und es war nicht zugig kalt-, ließ ich mich nach dem Wachwechsel mit vorgetäuschter Seekrankheit auf eine andere Station versetzen: Posten Ausguck Backbordseite. Ich wollte mir lieber den kalten Winterwind ins Gesicht wehen lassen als unter Deck im Mief hocken und nichts hören und nichts sehen. Eigentlich wollte ich nur was von der Seefahrt sehen. Doch leider gab es nicht viel zu sehen außer eine leicht bewegte See mit mäßiger Sichtigkeit, typisches winterliches Ostseewetter, meinten erfahrene Seemänner aus der Stammbesatzung.

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Endlich dampfte das Schiff über das Wasser, die Kessel fauchten Ihr eintöniges Lied, die Kolben stampften auf und nieder und ließen das Schiff nur leicht vibrieren. Kurs West lag an, die „nordland“ lief mit 300 Mann Besatzung im Kriegsmarschzustand. Uns „Kakerlaken“ war der Einsatzbefehl nicht bekannt, doch bald wusste auch der letzte Mann an Bord, wohin die Reise ging. Die Fahrt verlief ohne besondere Vorkommnisse, keine Minen, keine feindlichen Flieger oder U-Boote und es gab keinen Alarm. Wir fuhren ohne Begleitschiffe und ohne Geleit auf dem von Minen geräumten Zwangsweg.

Nachts hieß es „Cap Arkona querab“. Erinnerungen an den Dänholm und der Insel Rügen wurden wieder wachgerufen doch das Leben und Treiben eines sich in Marschfahrt befindenden Kriegsschiffes hielt uns mehr gefangen, als die Zeit hinter uns liegender militärischer Grundausbildung. Auf dem Schiff war jeder von uns ein Rädchen in einem großen Getriebe. Trotz der monotonen Gleichmäßigkeit des Fahrtverlaufs war die Fahrt mit dem Schiff für uns höchst interessant. Und eigentlich war es für uns am zweiten Tag der Seereise viel zu schnell gegangen, als mit dem Auftauchen des Ehrenmals von Laboe das nahe Ende der Fahrt sich ankündigte. Bald wurde die am Eingang zur Kieler Förde liegende U-Bootssperre passiert, das schiff verminderte seine Fahrt und machte schließlich an der Landungsbrücke vor dem „Grauen Schloß am Meer“ wie die Friedrichsorter Marineanlage im Jargon der Lords verächtlich genannt wurde, fest.
Die erste Fahrt mit der Nordland war somit für uns zu Ende.

Kiel, die Stadt der Marine an der Förde brachte uns Kadetten nur etwas mehr Variationen beim nach wie vor nur spärlichen Landgang. Dafür machte uns die Garnisionsstadt näher mit dem Krieg bekannt: die Stützpunktanlagen, Werften und Marineeinrichtungen waren in den Letzten Kriegsmonaten bevorzugtes Ziel alliierter Bomberverbände, die Ihre Bomben hauptsächlich bei Nacht aber auch tagsüber abwarfen.

Mitten, in der jeweils künstlich eingenebelten Förde ( bei jedem Fliegerangriff der aus dem Westen einfliegenden Bomberverbände war Kiel und die Förde in Minutenschnelle wirksam eingenebelt ) lag die „Nordland“ fest vertäut an der Pier und wir, die zur Besatzung gehörten, befanden uns während der Luftangriffe an Bord unter Deck oder in den Bunkern der nahen Marineanlage. Während die „Nordland“ Glück hatte und entgegen anders lautenden Meldungen nie von einer alliierten Fliegerbombe getroffen wurde, gab es in unmittelbarer Nähe bei ankernden Schiffen der Kriegsmarine sowie bei den in den Werften liegenden Einheiten Treffer, Tote und teilweise auch Totalverluste.

Unsere Ausbildung verlief nach unseren Begriffen planmäßig weiter und wir Kadetten waren nach wie vor eifrige Offiziersanwärter, die eigentlich nur beim NS-Führungsoffizier lässiger wurden und oftmals in den hinteren Reihen im miefigen Unterdeck während des Unterrichtes eindösten. Die durch Fliegeralarme geraubte Nachtruhe und der stinklangweilige Vortrag des Politoffiziers waren nicht ganz ohne Einfluß auf unser psychisches Leistungsvermögen.
Der Wehrmachtsbericht meldete täglich das Vorrücken der Fronten, es wurde bereits auf deutschem Boden gekämpft. Wann endlich kommen die V 3 und V , während die V 2 schon ein halbes Jahr lang gegen England flog?
Doch es tat sich nichts bei den sog. Wunderwaffen. Im Gegenteil, die feindlichen Verbände drangen immer weiter vor. Aus der Rheinebene rückten Feindverbände gegen Norddeutschland vor , die sich Hamburg näherten.
Nach Hitlers Gefallenenmeldung war der Oberbefehlshaber der Kriegsmarine, Karl Dönitz, oberster Kriegsherr geworden. Die Luftangriffe wurden immer häufiger. Wir Kadetten versahen unseren Dienst. Fragen konnten wir keine stellen -Antworten darauf konnte es keine geben- es herrschte der totale Krieg.

Das Ende

3.Mai 1945

Das Nähern gegnerischer Truppenverbände wurde im Raum Kiel durch ständige Fliegerangriffe von uns wahrgenommen. Entsprechende Meldungen kamen auch vom sog. „Drahtfunk“ einer Institution der Luftverteidigung, die Ihre Warnmeldungen über den Rundfunk an die Bevölkerung verbreitete. Hamburg wurde zur offenen Stadt erklärt.

Auf der „Nordland“ wurde anstatt „Rein Schiff“ Seeklar gemacht.
Als wir zwei Stunden später von unserer Pier ablegten, zum erstenmal seit dem Auslaufen in Stolpmünde, waren schon die Jagdbomber am strahlend blauen Himmel. Das donnernde Geschützfeuer der schweren Flakgeschütze sowie das Bellen der leichteren Flakwaffen waren überall zu hören. Noch ehe wir auf der Höhe des Feuerschiffes Kiel waren, brach über der Förde eine wahrer Feuerzauber los. Die Kieler Bucht war voll von fahrenden und liegenden Schiffen, zumeist waren es Frachter, dazwischen befanden sich auch vereinzelte Schiffe der Kriegsmarine. Der Rest der deutschen Handelsflotte schien sich hier versammeln zu wollen. Aus allen Richtungen kamen Dampfer an, die meisten kamen aber aus der östlichen Ostsee. Am Himmel dröhnten die Motoren der Jabos. Nicht ein einziges deutsches Flugzeug war am Himmel. Die alliierten Staffeln schienen sich abzulösen, so dass sie ihre Angriffe stundenlang fortsetzen konnten. Aus der Sonne hervorstoßend, leiteten sie aus ca. 3000m Höhe ihre Angriffe ein, lösten im Sturzflug ihre Bomben aus, die teilweise mit Raketentreibsätzen versehen waren, Nach den Bombendetonationen, die überwiegend auf der Wasseroberfläche erfolgten und vereinzelt nur als Treffer auf den Handelsschiffen Verluste und Brände verursachten, gingen die zwischenzeitlich nur noch in 20 m Höhe fliegenden Jabos zu Tieffliegerangriffen über, wobei sie geschickt zwischen den Schiffen hin und her kurvten und auf diese Weise nicht konzentriert beschossen werden konnten, weil die Aufbauten der anderen Schiffe jeweils das Schussfeld blockierten. Meist suchten sie zudem noch Abwehrschwache Schiffe aus, deren Flakstände am Bug und Heck zusammengeschossen wurden, so verzweifelt sich deren Besatzungen an ihren 2cm Flakwaffen auch wehrten. Über der Kieler Bucht und dem angrenzenden Raum bis hin zur Mecklenburger- und Pommerschen Bucht war die Hölle los. Das Aufheulen der Flugzeugmotoren mischte sich mit dem Hämmern der leichten Flak, die überall aus allen Rohren schoß, dazwischen das harte Knallen der 8,8 cm Flak und dann noch die Abschüsse der schweren Schiffsartillerie, es war ein reines Inferno.
Am Himmel zuckten Blitze detonierender Flakgranaten und verwandelten sich zu Wattebäuschchen, die sekundenlang in dem blauen Himmel stehen blieben. Zwischen den Schiffen stiegen die Wassersäulen krepierender Bomben hoch, stiegen Rauchwolken gen Himmel empor. Soweit das Auge reichte brodelte ein einziger Hexenkessel. Mit einer Rauchfahne stürzte ein brennender Jabo in die See. Inmitten des Geschehens kreuzte die „Nordland“. Kein Schiff hatte etwas für das andere übrig, jeder hatte mit sich selbst zu tun, zickzack fahrend und aufpassend auf Kollisionskurs daher fahrende Fahrzeuge, Manöver des letzen Augenblicks und Feuergefechte.
Es war mehr als nur ein Durcheinander, es war ein Inferno. So war der 3.Mai 1945 ein rabenschwarzer Tag für die Marine, vor allem aber für die Handelsmarine geworden. An jenem frühsommerlichen Tag, an dem auch die Stadt Hamburg durch den Gegner besetzt wurde, waren dutzende von Kriegs- und Handelsschiffen getroffen oder versenkt, durch Bombentreffer alliierter Luftverbände, starben in der gesamten Ostsee tausende von Zivilisten, Flüchtlinge aus Pommern, Ostpreußen und Kurland und auf Truppentransportern eingeschiffte Soldaten den Seemannstod.

Am frühen Nachmittag lief die „Nordland“ unbeschädigt in den Eckernförder Hafen ein und machte an der Außenpier für kurze Zeit fest. An Bord unseres Schiffes entwickelte sich im Nu ein unsagbares „Whooling“,
binnen kürzester Zeit hatte die Besatzung mit gepackten Seesack auf der Pier anzutreten. Der Kommandant unseres Schiffes hielt eine kurze Ansprache und teilte den Befehl, das Schiff versenken zu müssen, der Besatzung mit. Wir selbst sollten uns unter dem Befehl der Divisionsoffiziere in den Anlagen der TVA (Torpedoversuchsanstalt) zur Verfügung halten.
Dann machte die „Nordland“ am Nachmittags noch mal Dampf auf und trat Ihre letzte Fahrt hinaus in die Bucht an.
An Bord waren nur die notwendigen Mitglieder der Stammbesatzung, als wir mit einem letzten Blick von unserem Schiff Abschied nahmen. Ihre letzte Fahrt war nur noch von sehr kurzer Dauer. Ca. 4 Seemeilen von Eckernförde entfernt klatschten die Wellen der Ostsee über dem einst dänischen und zuletzt unter deutscher Kriegsflagge fahrenden Schiff zusammen. Noch vor Einbruch der Dunkelheit kehrte die Barkasse der „Nordland“ in den Hafen der TVA zurück, die „Nordland“ war versenkt, ein einst stolzes Schiff hatte aufgehört zu existieren.
Wir machten es uns in den Werkhallen der TVA , zwischen Drehbänken, Maschinen, Vorrichtungen und Torpedos häuslich zurecht und bereiteten ein etwas unbequemes Nachtlager vor. Anderntags wurden wir in der Frühe durch detonierende Bomben der angreifenden Alliierten Flugzeuge geweckt.
Kurze Zeit später kamen schon die ersten Verwundeten zu uns um sich von unserem Stabsarzt verbinden zu lassen. Ich rückte mit einem kleinen Kommando zu dem am Pier liegenden Dampfer „Memphis“ aus, um dort die letzten Toten des Krieges, Heeressoldaten von dem als Truppentransporter fahrenden Schiff zu bergen. Eine Jabo – Bombe hatte den vorderen Laderaum an der Backbordseite getroffen und einen Meter Über der Wasserlinie ein großes Loch in die Bordwand gerissen. Die explodierende Bombe zündete noch Panzerfäuste der Landser und richtete dadurch noch mehr Schaden und Unheil an. Daneben lag qualmend die „Hörnum“, ebenfalls von einer Bombe getroffen. Sie hatte sich nach dem Angriff am Tag zuvor noch mit eigener Kraft in den Hafen von Eckernförde retten können. Während unserer Bergungsversuche wurden unaufhörlich Tieffliegerangriffe auf uns und auf die auf Reede liegende „Walther Rau“ , ein 13700 ts großer Walfänger und dem ebenfalls auf Reede liegenden 5600 ts großen Frachter „Freiburg“ geflogen.
Wir flitzten Deckung suchend von einer Seite zur anderen und suchten hinter den Aufbauten Schutz.
Das ungenaue Schießen der Engländer war unser Glück; wir kehrten unversehrt zur TVA zurück.
Dort hielt der Kommandant eine letzte Musterung und die letzten Kadetten wurden ernannt. Wir wurden von den Kapitulationsverhandlungen mit dem britischen Heerführer, Feldmarschall Montgomery, informiert. Damit war für uns der Krieg aus. Am folgenden Tag um 08:00 Uhr trat der Waffenstillstand in Kraft.

Die Waffen schwiegen , es heulten keine Sirenen mehr und die Flieger lärmten nicht mehr am Himmel. Es herrschte eine unheimliche Ruhe , ungewohnt für uns alle. Der beginnende Mai zeigte sich von seiner schönsten Seite, als ob nichts kriegerisches gewesen wäre und die Sonne schickte ihre wärmenden Strahlen zu uns in den TVA – Anlagen weilenden Ex – Soldaten herab. So hatten wir uns das Ende des Krieges nicht vorgestellt, wir waren fassungslos. Wir waren einfach zu jung um das Geschehene begreifen, wir fühlten uns verraten und verkauft.

Doch mit der am 3. Mai 1945 erfolgten Selbstversenkung der „Nordland“ war ihre Geschichte noch nicht zu Ende. In den Papieren , Archiven und in manchen Köpfen existierte die „Nordland“ die vormalige „Niels Juel“ noch. Darauf besannen sich auch die Dänen, als die ursprünglich rechtmäßigen Besitzer des Schiffes. Das Wrack der „Nordland“ wurde in Jahren nach dem Krieg aufgespürt und mit dem Kaufvertrag vom 16. März 1952 vom dänischen Staat an eine Kopenhagener Bergungsfirma verkauft. In der folgenden Zeit wurde das Schiff dann abgewrackt.

Viele dänische und auch deutsche Schiffsführer horchten noch eine lange Zeit auf, wenn sie den Namen „Niels Juel“ oder „Nordland“ hörten. Es war einmal ihr Schiff, auf welchem sie ihre ersten seemännischen Erfahrungen gesammelt oder ihre ersten nautischen Schritte gemacht haben und ein solches Schiff kann man nie vergessen.

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Eine Antwort zu Nordland ex Niels Juel

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